Eigentlich ist es ein Workshop gegen Hass im Internet, der an der Berufsschule am Berufsbildungswerk stattfindet. Doch der Einstieg von Referent Jannes Rupf vom Internationaler Bund Süd (IB Süd)zeigt, dass „Hate Speech“ und Diskriminierung nicht nur online passieren. „Wo habt Ihr Diskriminierung schon mal selbst erlebt?“ fragt er die 16 Schülerinnen und Schüler - sie gehören zur Interessengruppe „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ und sollen in ihren Klassen Multiplikatoren sein.
Ein Transgender-Schüler erzählt: „Ich bin als Mädchen geboren worden und lebe nun als Mann. Das wollen viele nicht verstehen und reden mich dann falsch an. Auch bei eMails ist das oft ein Problem“. Ein weiterer Schüler berichtet von seinen Erfahrungen mit „Racial Profiling“ – da er nicht „typisch deutsch“ aussieht, werde er öfter als andere von der Polizei kontrolliert: „Ich glaube, das ist kein Zufall.“
Referent Jannes Rupf erklärt: „Hate Speech ist eine bewusste Diskriminierung und Bedrohung von Menschen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer religiösen, geschlechtsspezifischen und kulturellen Gruppe. Im Internet kann das auch durch Bilder oder Videos bzw. Kommentare zum Ausdruck kommen und bei den Betroffenen schwere Schäden anrichten“.
Er hat einige Bilder dabei, die im Internet viral gehen und stellt diese zur Diskussion: Ist das auf Merkels Gesicht aufgesprühte schwarze Kreuz auf einem Wahlplakat nun „Hass“, „problematisch“ oder „völlig unbedenklich“. Ihre Meinungen können die Schülerinnen und Schüler zeigen, indem sie sich an bestimmte Markierungen im Raum stellen. Weitere Beispiele sind eine Karikatur, die Europa als lupenrein weiße Frau darstellt und die Türkei als angreifendes Schwein oder ein Hitler-Foto mit einem augenscheinlich witzigen Spruch. Dabei entstehen spannende Diskussionen, ob das nun Hate Speech oder einfach Meinungsfreiheit ist.
Im zweiten Teil des Workshops geht es darum, was man gegen Hate Speech tun kann. Jannes Rupf sammelt die Ideen der Schülerinnen und Schüler. Vorschläge sind u.a. Ignorieren, freundlich bleiben, argumentieren, der Polizei melden oder auch sich an Freunde und die Familie wenden. Hier werden dann in einem weiteren Schritt die Vor- und Nachteile jeder „Gegenmaßnahme“ besprochen. Das Fazit fasst Jannes Rupf so zusammen: „Nur freundlich sein und Hate Speech ignorieren reicht nicht aus. Man muss sich aktiv dagegenstemmen und Hate Speech z.B. auch auf der jeweiligen Social-Media-Plattform und der Polizei melden. Und wenn man das allein nicht schafft, solltet Ihr Euch Unterstützung bei Freunden oder der Familie holen.“
Laut Bundesinnenministerium gab es 2010 über 10.000 Straftaten im Themenfeld „Hasskriminalität“, Tendenz steigend. Das ist nur einer der Gründe, warum die Koordinatorinnen von „Schule ohne Rassismus“ Ingrid Wartha-Vassiliadis und Carmen Weible-Hambalek an der Berufsschule der Paulinenpflege den Workshop #HassIstKeineMeinung organisiert haben. „Rassismus und Diskriminierung sind überall zu finden und beginnen oft im Kleinen. Da unsere Schülerinnen und Schüler aufgrund ihrer Behinderungen fast täglich Diskriminierung erfahren, ist uns die Aufklärung zu diesem Thema sehr wichtig. Wir wollen hier als Schule zusammenstehen gegen Hass“, erklären die zwei Lehrkräfte ihre Motivation.
Seit 2019 gehört die Sonderberufsschule der Paulinenpflege für autistische bzw. hör- oder sprachbehinderte Schülerinnen und Schüler dem Netzwerk von inzwischen rund 3.600 Schulen in ganz Deutschland an. Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Schirmherr von „Schule ohne Rassismus“ in der Paulinenpflege ist Kärcher-Personalchef Rüdiger Bechstein.
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