„Ich brauch für meine Arbeit nicht so viel Schickimicki, ich mag’s mehr bodenständig“, sagt Erzieherin Ulrike Koglin-Haug über die Soziale Gruppenarbeit des Jugendhilfeverbunds der Paulinenpflege Winnenden an der Sommerrainschule in Schornbach. Kein Wunder, dass sie mit ihrem Kollegen Ingo Seiter und den zehn Schülerinnen und Schülern aus Schornbach oft in der Natur unterwegs ist. Dabei handelt es sich um Kinder, die über die schulische Betreuung hinaus Unterstützungsbedarf haben. Hier geht es nicht um Hausaufgabenbetreuung, sondern darum, Sozialverhalten zu lernen. Und das soll nicht theoretisch im Klassenzimmer, sondern draußen im Alltag passieren. „In der lockeren Form der Lebenspraxis kommen wir den Kindern viel näher“, erläutert die Erzieherin ihr Konzept.
In der Natur war Ulrike Koglin-Haug mit ihren Gruppen schon öfter unterwegs, jetzt sollte auch mal Gemüse im Mittelpunkt stehen, zumal es an der Schule einen Schulgarten gibt. Zusammen mit dem Paulinenhof bei Hertmannsweiler entwickelte sie die Idee, mit ihren Kids Tomaten in den Gewächshäusern vom Setzen bis zur Ernte zu begleiten. Und auch hier sollte nicht nur Zuschauen angesagt sein: „Wir wollten richtig mitschaffen. Dabei kommt man am besten ins Gespräch und kann soziale Verhaltensweisen einüben,“ ist sich Ulrike Koglin-Haug sicher.
Arbeitserzieher Johannes Steinat, der normalerweise u.a. auch für die Azubis in der Gärtnerei des Paulinenhofs zuständig ist, begeisterte die ganze Gruppe und war nun auch der Anleiter für die zehn Schüler aus Schornbach. Beim ersten Arbeitseinsatz im April wurden die zarten Tomatenpflänzchen gesetzt, im Mai wurde ausgegeizt und die gewachsenen Tomatenpflanzen angebunden bzw. an die Leine geklammert.
Und dann der Höhepunkt im Juli: Die große Ernte, bei der die Kinder gemeinsam mit Ulrike Koglin-Haug und Ingo Seiter die Mini-Tomaten pflückten und vom heißen Gewächshaus ins angenehm kühle Kühlhaus des Paulinenhofs brachten. Die wichtigste Frage der Schüler an diesem Tag war natürlich: „Sind die rot genug?“ Stolz genossen die Kinder beim anschließenden Vesper ihre Tomaten und durften auch eine mit nach Hause nehmen.
Für alle waren die Tomaten-Projekttage ein ganzheitliches Erlebnis – egal, ob es um den intensiven Geruch der Tomaten ging, das vorsichtige Ausgeizen der Triebe oder auch, dass es in den Gewächshäusern Mäuse gab. Und am Ende der ganz besondere Genuss der eigenen Tomaten. „Vor allem hatten wir immer das Gefühl, dass wir auf dem Paulinenhof willkommen waren – diese Wertschätzung hat den Kindern gut getan. Und Paulinenhof-Mitarbeiter Johannes Steinat hatte sofort einen guten Draht zu uns“, freuen sich Ulrike Koglin-Haug und Ingo Seiter.
Aber nicht nur der Arbeitserzieher war ein wichtiger Ansprechpartner: „Wir haben schon vor unseren Besuchen auf dem Paulinenhof besprochen, dass hier Menschen mit Behinderung und hörbehinderte Azubis arbeiten. Das hat unsere Kinder von Anfang an sehr interessiert“, berichtet Ulrike Koglin-Haug. So gab es überhaupt keine Berührungsängste zwischen den Menschen mit Behinderung und den Kids. Egal ob im Gewächshaus oder nach getaner Arbeit vor den Ställen, die Azubis der Gärtnerei und die Beschäftigten in der Landwirtschaft waren stolz, dass sie den Schornbacher Kindern ihren Arbeitsplatz zeigen und sie unterstützen konnten.
Auch wenn das Tomaten-Projekt eines von vielen Aktivitäten bei der Sozialen Gruppenarbeit der Paulinenpflege an der Sommerrainschule in Schornbach ist, so passt hier ganz besonders der Vergleich zwischen Tomatenreifung und der Reifung der Kinder durch die Arbeit von Ulrike Koglin Haug und Ingo Seiter: „Wie die Saat, so die Ernte“. Genauso wie die gut gepflegten Tomaten sind auch die Schülerinnen und Schüler in der Sozialen Gruppenarbeit gereift.