Im direkten Gespräch können sich viele Gehörlose dank Hörgeräte, Cochlea-Implantat und dem Wahrnehmen des „Mundbildes“ verständigen. Telefonieren aber ist meist unmöglich für sie, weil sie dabei nicht von den Lippen ablesen können.
Die Firma Tess-Relay-Dienste in Rendsburg bietet nun einen kostenlosen Notrufservice in Gebärdensprache an. Mittels einer Webcam am Computer oder am Smartphone können Gehörlose einen Notruf in Gebärdensprache abgeben. Da immer ein Gebärdensprachdolmetscher bereit stehen muss, wird dieser bundesweite Service derzeit nur von 8 bis 23 Uhr angeboten. Ein Gebärdensprachdolmetscher nimmt den Notruf entgegen und ruft seinerseits die zuständige Rettungsleitstelle an. Durch die zeitgleiche Telefonübersetzung kann der Mitarbeiter der Rettungsleitstelle dann nachfragen, wo genau sich der Unfall ereignet hat und wie viele Personen betroffen sind. Der Mitarbeiter der Rettungsleitstelle kann dem Anrufer auch erklären, wie er bis zum Eintreffen der Sanitäter dem Verletzten helfen kann.
Die Paulinenpflege Winnenden hat diesen neuen Notruf mit Telefonvermittlungsdienst ausprobiert. Fazit: Ja, die Übersetzung von Gebärdensprache über die Kamera eines Smartphones in Lautsprache funktioniert. Auch Carsten Leidner, der stellvertretende Leiter der Rettungsleitstelle in Waiblingen, war zufrieden: „Ich habe alle Informationen bekommen die ich brauche, um einen Rettungstransportwagen loszuschicken.“
Mittels eMail ist keine verlässliche Notfallalarmierung möglich. „Experimentiert“ wird derzeit mit Notrufen mittels SMS. Dieser Kommunikationsweg hat jedoch den gravierenden Nachteil, dass Rückfragen nur schwer möglich sind. Insbesondere bei der Frage, wo genau sich der Unfall ereignet hat, muss die Rettungsleitstelle jedoch häufig nachfragen. Dazu kommt, dass manchmal SMS-Nachrichten erst später ankommen – was im Notfall katastrophal wäre.
Für den Notruf in Gebärdensprache muss eine Webcam oder ein Smartphone zur Verfügung stehen. Das ist wohl kein Problem: Gehörlose sind in der Regel mindestens genauso technikverliebt wie ihre normalhörenden Altersgenossen. Einziger Nachteil des Notrufes in Gebärdensprache mittels Telefonvermittlung ist: Es muss eine bestimmte Software auf dem Smartphone oder PC installiert werden. Man muss sich also vorher schon damit beschäftigen, dass man vielleicht einmal einen Notruf absetzen muss.
Weitere Infos: www.tess-relay-dienste.de/notruf-ueber-tess