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Schule kann auch mal ein echtes Honigschlecken sein!

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Die Bienen-AG in der Schule beim Jakobsweg macht hör- und sprachbehinderte Jugendliche seit 10 Jahren zu mutigen Hobby-Imkern. Die Bienenvölker stehen hinter dem Schulgebäude in Winnenden-Schelmenholz.

Von weitem sieht es hinter der Schule beim Jakobsweg der Paulinenpflege Winnenden so aus, als seien dort Außerirdische gelandet. Auf den zweiten Blick sieht man, dass hör- und sprachbehinderte Schüler des Vorqualifizierungsjahres Arbeit und Beruf (VAB), die als Hobby-Imker in Schutzanzüge gepackt sind, an ihren Bienenkästen stehen. Nur Anleiter und Technischer Lehrer Ulrich Thudium ist ohne Schutzhülle. „Ich hör das, wenn eine Biene einen schlechten Tag hat. Die summt dann anders, das ist dann das berühmte Kopfwehbrummen. Ansonsten sind die Völker hier auf dem Gelände friedlich“, erzählt der erfahrene Imker, der auch noch Gärtnermeister ist.

Heute ist Dienstagnachmittag, also wie jede Woche Bienen-AG-Tag. Diese außergewöhnliche AG der Schule beim Jakobsweg gibt es jetzt ziemlich genau zehn Jahre lang. Thudium hat schon seit 15 Jahren eigene Bienenvölker und somit Bienenvölker und sein Bienen-Knowhow ins Schulleben mit eingebracht. „Seit 2006 gibt es pro Schuljahr immer knapp zehn Schülerinnen und Schüler, die sich freiwillig einen Nachmittag um die zehn Bienenvölker auf dem Schulgelände kümmern wollen“, freut sich Ulrich Thudium.

Auch in diesem Jahr sind die Schüler mit Begeisterung dabei: Simon, Simon, Fabian, Seb und Brian haben in ihrem Vorqualifizierungsjahr Arbeit und Beruf den Schwerpunkt „Holz“, „KFZ“ oder „Gartenbau“ gewählt. Für sie ist die Bienen-AG eine willkommene Abwechslung, die selbst Bienenallergiker Fabian schätzt. Für ihn liegt immer ein Antiallergikum bereit und er ist sich sicher: „Die Bienen hier stechen nicht, die sind zu freundlich!“

Auch seine Mitschüler sind nicht ängstlich, wie Lehrer Thudium weiß: „Beim Start der Bienen-AG sind alle sehr vorsichtig, was auch richtig ist. Mit der Zeit werden die Schüler dann mutiger und entnehmen die Waben z.B. ohne Handschuhe“. Das ist auch heute eine der Aufgaben der Bienen-AG-Teilnehmer. Nachdem die Waben den Bienen „geraubt“ sind, werden diese in den Schleuderraum der Schule gebracht. Dort werden mit Hilfe der Entdeckelungsgabel die Waben entdeckelt. Die Schüler sind sehr eifrig bei der Arbeit, denn der nächste Arbeitsschritt ist „ab in die Honigschleuder“. Dort passen vier Honigwaben rein: „Pro Wabe ergibt das 1,5 kg Honig, den verkaufen wir dann in unserem Gartenladen an der Schule“, freut sich Ulrich Thudium.

Bis es soweit ist, muss aber ein ganzes Bienenjahr durchlebt werden. Zum Schuljahresstart im September und auch im Winter werden zunächst Magazine gebaut, Zwischenwände in den Waben gegossen und aus Bienenwachs Kerzen gezogen. Auch das Wildbienenhotel, das seltenen Bienenarten Unterschlupf bietet, wird in dieser Zeit renoviert und erweitert. Im Frühjahr werden Futterpflanzen für die Bienen gesät, wie Ulrich Thudium berichtet:. „Dabei unterstützen uns auch meine Schüler aus dem Bereich Gartenbau. Wir schaffen den Bienen damit einen Lebensraum, in dem sie sich wohlfühlen“. Stolz ist er besonders auf seltenen Pflanzen, wie z.B. auf den Natternkopf oder den Bienenbaum Euodia.

Weitere Höhepunkte sind Exkursionen und Aktionen, wie zum Beispiel die Bienenvölker morgens um 6 Uhr in den Wald zu fahren, um auch Waldhonig zu bekommen. „Das ist ein echtes Abenteuer für meine Schüler und mich, wenn wir da frühmorgens losfahren und die Bienenkästen rausstellen. Das ist für alle gemeinschaftsfördernd“, erzählt Ulrich Thudium.

Auch für VAB-Abteilungsleiter Hans-Christoph Beutter ist die Bienen-AG weit mehr als eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung: „Es ist faszinierend, dass die Smartphone-Generation plötzlich für zwei Stunden ohne Handy sein kann. Und das völlig freiwillig! Sie sind stolz, dass sie plötzlich total naturverbunden sind und merken, dass der Honig nicht aus der Tube kommt.“

Und was sagen die Schüler, warum sie sich zur Bienen-AG angemeldet haben? „Wegen dem coolen Lehrer und dem Honig!“ Stimmt: Der selbst erzeugte Honig mit dem schuleigenen Etikett macht bei den Angehörigen zu Hause mächtig Eindruck und damit wird auch ein Ausflug finanziert, auf den sich die Hobby-Imker natürlich schon jetzt mächtig freuen. Schule kann also auch ein Honigschlecken sein!

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Mutige Hobby-Imker bei der Arbeit!
Mutige Hobby-Imker bei der Arbeit!