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"Wie können wir hier Krieg führen wollen?" - ein Refugee zu den Anschlägen

|   PP

Reaktion eines jungen Flüchtlings, der in der Paulinenpflege betreut wird, auf die Anschläge der vergangenen Wochen.

Seit dem Sommer letzten Jahres betreut und integriert die Paulinenpflege Winnenden unbegleitete minderjährige Flüchtlingen. Nicht nur, doch besonders auch deswegen, haben die Nachrichten über die Anschläge in den vergangenen Tagen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Paulinenpflege betroffen gemacht. Genauso ging es auch den jungen Flüchtlingen selbst, von denen insbesondere einer, Sultan Alsamiah, das dringende Anliegen hat, sich dazu zu äußern. Er möchte damit verhindern, dass alle Flüchtlinge in einem falschen Licht erscheinen.

Deshalb hat er folgenden Text verfasst:

"Wir kamen von Syrien nach Deutschland, geflohen vor den abscheulichen Kriegen.
Die Kriege machen keine Unterschiede zwischen Kindern, alten Männern oder Frauen oder jungen.
Und alles, was wir uns wüschen, ist ein Leben in Sicherheit.
Ihr habt Eure Türen für uns geöffnet und uns mit allem versorgt, was wir brauchten, Essen, Kleidung, Liebe, Fürsorge, alle diese Dinge…
Wir lieben und verehren Euch dafür-
Und wir wünschen Euch nichts Schlechtes

Wir sind geflohen vor einem Krieg.
Wie könnten wir hier Krieg führen wollen?
Wie könnten wir Euch verletzen wollen?
Wir wissen genau, wie egoistisch und schlecht Krieg ist.
Und ich will Euch sagen
Wer tut so etwas Unmögliches von den Muslimen oder von anderen himmlischen Religionen.

Bitte denkt nicht schlecht über uns alle, weil ein paar von uns schlecht sind.
Wir  sind bei Euch. Wir sind Menschen wir Ihr. Wir möchten in Sicherheit leben.
Wir möchten zusammen leben und einander lieben.
Wir sind keine Terroristen.
Bitte löscht die schlechten Dinge über uns aus Euerm Kopf.
Schlechte Menschen gibt es in allen Ländern.
Wir sind alle Menschen wie Ihr."

Sultan Alshamiah ist seit dem 21.9.2015 in Deutschland, seit Anfang Dezember lebt er in einer Wohngruppe der Paulinenpflege und besucht die VABO-Klasse 1 in unserer Berufsschule im BBW Winnenden. VABO bedeutet „Vorqualifizierungsjahr auf Arbeit und Beruf ohne Deutsch“. Hier geht es vor allem darum, die Flüchtlinge dabei zu unterstützen, ihre Kompetenzen zu erkunden, die deutsche Sprache zu erlernen, ihnen Wissen über den Arbeitsmarkt, die Berufsfelder, die duale Ausbildung sowie die kulturellen Werte zu vermitteln.

Wegen der teilweise traumatisierenden Erlebnisse der Jugendlichen auf ihrer Flucht hat der Bildungszweig der Paulinenpflege einen weiteren Schwerpunkt. Im VABO wird auf traumapädagogischer Grundlage gearbeitet. Denn, genauso wichtig wie Deutschkenntnisse ist es, dass die unbegleiteten jungen Männer wirklich innerlich ankommen in Deutschland. Erst dann können sie „mit klarem Kopf“ eine Ausbildung beginnen. „Wir möchten einen Ort der äußeren und inneren Sicherheit bieten. Dazu soll unsere Schule helfen“, erklärt Abteilungsleiterin Christiane Sättler-Adel, „und wir sehen auch schon einige Erfolge.“

Sultan Alshamia wird ab September als Pflegeassistent arbeiten, als Vorbereitung auf seine Ausbildung zum Krankenpfleger. Sein langfristiges Ziel ist ein Medizinstudium.

„Mir ist es wichtig, dass auch die Gedanken derer wahrgenommen werden, die nicht schwierig sind“, sagt Susanne Häberle, Sultans Lehrerin. „Meine Erfahrungen mit den jungen Männern in der VABO-Klasse sind einfach nur positiv. Dafür bin ich sehr dankbar.“ Deshalb ist es auch ihr sehr wichtig, dass Sultans Gedanken zu den Anschlägen in Deutschland möglichst viele Menschen erreichen.

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Flüchtling
Sultan hat sich Gedanken gemacht