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Gerüchte sind Müll und lassen sich nur schwer wieder einsammeln

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Ein Achtsamkeits-Kurs in der Werkstatt Murrhardt der Paulinenpflege Winnenden sorgt für große Aufmerksamkeit und Konzentration.

Hohe Konzentration herrscht im Mehrzweckraum der Werkstatt Murrhardt der Paulinenpflege Winnenden. Im Stuhlhalbkreis sitzen 13 Beschäftigte der Backnanger Werkstätten (BKW), denn heute ist wieder „Achtsamkeit“ angesagt. Das ist eine ganz besondere Fortbildung, die Sozialpädagogin Annette zu Jeddeloh für die Menschen mit Behinderung in der Werkstatt anbietet. Es geht darum, sich selbst und die anderen um sich herum achtsamer wahrzunehmen. Als Einstieg gibt es eine Atemübung, die fast zehn Minuten geht. Mit geschlossenen Augen kommen die Beschäftigten zur Ruhe und folgen der ruhigen Stimme von Annette zu Jeddeloh. Kein Gelächter, kein Räusper – es ist einfach ganz still.

Danach geht’s an die Hausaufgabe, die jede der sechs Fortbildungs-Einheiten hat.  „Wisst Ihr noch,  was Eure Hausaufgabe war?“ fragt Sozialdienst-Mitarbeiterin Annette zu Jeddeloh in die Runde. Wie aus der Pistole geschossen kommt von den Beschäftigten u.a.  „Ich soll beim Essen auch riechen“, „Langsam essen und genießen“ oder „Mich nicht ablenken lassen beim Essen“. Ausprobiert haben es alle, denn es ging beim letzten Mal um „Achtsam essen“ inklusive eines gemeinsamen Werkstatt-Frühstücks. Heute geht es ums Hören und Reden. Ganz praktische Übungen zeigen, wie viel jeder einzelne hören kann, wenn er oder sie „achtsam“ hört. Eine Beschäftigte hört die Stanzmaschine in der Werkstatt nebenan, ein weiterer nimmt das Rauschen des Beamers oder das Schließen einer Tür wahr. All das wird im Alltag oft überhört, wenn wir nicht bewusst hören.

Dagegen hören wir manchmal Dinge, die wir eigentlich  gar nicht hören sollten. Gerüchte sind schnell in die Welt gestreut und können dann nur schwer wieder eingesammelt werden. Annette zu Jeddeloh erzählt die Geschichte von den drei Sieben: Bevor etwas weitererzählt wird, sollte dies erstmal durch die Siebe der Wahrheit, der Freundlichkeit und der Notwendigkeit geprüft werden. „Ist es wahr, was ich sagen will? Ist das freundlich, was ich erzählen will und ist es notwendig? Das sollten wir erst überlegen, bevor wir etwas weitererzählen. Dann müssen wir nicht mühevoll versuchen, die Gerüchte wieder einzusammeln. Das funktioniert meistens eh nicht mehr, wenn mal etwas Falsches ausgesprochen ist“ sagt zu Jeddeloh. „Gerüchte sind Müll!“ bricht es daraufhin aus einer Beschäftigten heraus. Die Geschichte ist also angekommen.

Auch sonst hinterlässt der Achtsamkeits-Kurs Spuren bei den Menschen mit Behinderung. Das erstaunt sogar Annette zu Jeddeloh, die eine Achtsamkeitstherapie-Ausbildung absolviert hat: „Es ist echt erstaunlich, was bei unseren Beschäftigten hängen bleibt. Manche erzählen, dass sie auch zu Hause mit ihren Eltern atmen üben. Oder es kommen Rückmeldungen aus unseren Wohnbereichen, dass der eine oder andere Bewohner durch den Kurs ruhiger geworden ist.“

Insgesamt muss das, was sie bei ihrer Achtsamkeits-Ausbildung gelernt wird, speziell  auf die Menschen mit psychischer Erkrankung bzw. geistiger Behinderung zugeschnitten werden. „Ich bin immer wieder berührt, wie die Achtsamkeits-Übungen auch unsere stark behinderten Beschäftigten erreichen. Und das ist viel effektiver als irgendwelche Regeln aufzustellen. Wenn sie selbst erleben, was Achtsamkeit bei ihnen bewirkt, dann setzen sie das auch gerne um.“

Ein Aha-Effekt war in der heutigen Einheit, die „Ich finde an Dir gut, dass“-Runde. Hierbei darf jeder seinem Nebensitzer etwas Positives sagen. Am Ende der Runde sind sich alle einig: Es tut gut, wenn jemand etwas Gutes über mich sagt. Achtsamkeit ist eigentlich nicht schwer, man muss nur dranbleiben und es tut einem selbst und den anderen gut.

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