Über 100 geladene Gäste haben diese Woche beim Neujahrsempfang der Paulinenpflege in der Aula des Berufsbildungswerks Winnenden auf das vergangene Jubiläumsjahr zurückgeschaut. Nach der Begrüßung durch Aufsichtsrat Traugott Mack war der Jubiläums-Slogan der Paulinenpflege „Weil das Leben bunt ist“ Programm. Egal ob durch die musikalischen Beiträge der Paulinenpflege-Big-Band „Laiensclub“ bzw. des Mitarbeitenden-Chors „Vox Paulini“, im Kurzfilm über die Geschichte der Paulinenpflege oder im Jubiläumsveranstaltungs-Rückblick-Clip – die Buntheit und Vielfalt der Paulinenpflege wurde an vielen Stellen sicht- und erfahrbar.
Auch durch die Worte von Vorstand Andreas Maurer: „Buntheit und Vielfalt kommt immer nur dort zum Tragen, wo das Verschiedene in seiner Verschiedenheit stehenbleiben darf. Das ist ein Lernprozess und eine bleibende Aufgabe für uns als Paulinenpflege genauso, wie für unsere Gesellschaft. Wir wissen alle, was geschieht, wenn alle gleich sein müssen, wenn Buntheit und Vielfalt nicht akzeptiert werden. Wir alle haben das als Kinder mit unseren Wasserfarben ausprobiert. Wenn Farben nicht nebeneinanderstehen, sondern man alle in eins vermischt, entsteht ein hässliches Braun. Buntheit entsteht nur durch Verschiedenheit“.
Zu dieser Buntheit passt auch die Vision der Paulinenpflege wie Andreas Maurer betont: „Wir wollen den Menschen Teilhabe ermöglichen. Teilhabe bedeutet für uns mehr als Inklusion. Teilhabe funktioniert in beide Richtungen: Wir lassen teilhaben und haben selbst teil. Wir wissen, dass wir hier auch als Paulinenpflege noch einen Weg vor uns haben. Aber es ist unsere Vision, weil wir dieses Ziel fest im Blick behalten wollen, Menschen als selbstbestimmte Individuen, nicht nur Dabeisein zu ermöglichen, sondern auch Interaktion, Gemeinschaft, Mitgestaltung, Mitentscheidung – und das nicht nur in der Paulinenpflege, sondern in unserer Gesellschaft insgesamt. Vielfalt ist eine Herausforderung, ja. Aber Vielfalt ist auch eine Bereicherung. Es lohnt sich, sich dieser Herausforderung zu stellen.“
Herausforderung und Bereicherung zugleich erleben auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bodenwaldschule der Paulinenpflege. Schulleiter Gottfried Götz hat die Arbeit seiner ehemaligen Schule für Erziehungshilfe, die inzwischen unter dem Fachbegriff „Sonderpädagogisches Bildung -und Beratungszentrum für emotionale und soziale Entwicklung“ firmiert, sehr eindrücklich vorgestellt: „In den 118 Kindern und Jugendlichen unserer Bodenwaldschule wohnen auch Worte, haben sich sozusagen in „Fleisch und Seele“ festgesetzt, aber nicht solche der Gnade und Lebensbejahung. Für sie ist gefühlte Wahrheit: Du störst, du kannst nichts, du bist böse, du kannst hier nicht bleiben. Sie sind kränkende, ermahnende, erniedrigende, strafende und ausgrenzende Worte gewohnt, haben solche vielleicht zuhause, in Kindergarten, Schule und von Freunden vernommen. Und es kommen hinzu innere Bilder von belastenden Situationen, Trennungs- und Gewalterfahrungen und Traumatische Belastungsstörungen. Kurzum: Sie fühlen sich als Verlierer!“
Um diese Schülerinnen und Schüler kümmern sich 37 Lehrkräfte sowie zusätzlich Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen. Gottfried Götz fasst die Motivation der Bodenwaldschule-Gemeinschaft so zusammen: „Was wir tun geschieht in der Tradition von Paulinenpflege-Gründer Friedrich Jakob Heim und scheint kongenial vereint in der letztjährigen und diesjährigen Jahreslosung. ‚Gott sieht mich‘ und 'Alles was ihr tut geschehe in Liebe‘. Ein Gotteswerk in Menschenhand. Aber immer wieder stoßen wir Menschen an Grenzen, und es bleiben viele Fragen.
Und die Antworten? Eine mögliche ist: In unserem ‚Inseldasein‘ streben wir an, was viele tun könnten: Lassen Sie uns die Not der Verlierer wahrnehmen, aber bei aller Berücksichtigung von Individualität, der Eigensicht die Fremdsicht gegenüberstellen, den Eigensinn in Gemeinsinn überführen, und mit dem Theologen Martin Buber gesprochen, vom Ich zum Du schauen. In der Sorge um den Weltfrieden gilt es zu bedenken, dass Sieger Verlierer hinterlassen, die sich immer wieder wehren werden und für Unruhe sorgen. Also brauchen wir ein Mindestmaß an Akzeptanz, Toleranz und Solidarität. Das kann ein Weg zu Inklusion, Teilhabe und Frieden in der Weltgemeinschaft sein.“