„Meine Eltern sind gehörlos“, erklärt Leoni Schwarz (16) auf die Frage, warum sie das Berufskolleg Gebärdensprache als neue Schullaufbahn für sich ausgewählt hat. Daher ist sie von Anfang an mit dem Thema Gehörlosigkeit vertraut. Sprechen lernte sie als kleines Kind folglich nicht von ihren Eltern, sondern enge Verwandte kümmerten sich um ihre Sprachentwicklung. Wie in vielen Familien dieser Art hat Leoni schon in recht jungen Jahren für ihre Eltern übersetzt.
In allen Schulen Baden-Württembergs starteten am 12. September die Schülerinnen und Schüler ins neue Schuljahr, so auch in der Paulinenpflege Winnenden. Nach wie vor bundesweit einzigartig ist die Klasse „Berufskolleg Gebärdensprache.“ Die Schülerinnen und Schüler dieses Berufskollegs erwerben nach ihrem Realschulabschluss in zwei Jahren die allgemeine Fachhochschulreife und beherrschen sogenannte Alltagssituationen in Gebärdensprache. Somit steht ihnen der Weg zu einem Gebärdendolmetscherstudium offen – oder zu jedem anderen Studium, für das die Fachhochschule die Voraussetzung ist.
Antonia Benecke (17) absolvierte nach ihrem Realschulabschluss ein Freiwilliges soziales Jahr in einem Krankenhaus. Bei einem gehörlosen Patienten erlebte sie zum ersten Mal die Gebärdensprache – und war fasziniert. Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen war ihr auch vorher schon vertraut, weil ihr Vater sehbehindert ist. Nach dem Berufskolleg in der Paulinenpflege Winnenden möchte sie Soziale Arbeit studieren und als Sozialarbeiterin für Gehörlose tätig sein.
Rebecca Ostertag (17) wurde durch ihre Schwester auf das Berufskolleg Gebärdensprache aufmerksam. Diese besuchte schon vor ihr diesen besonderen Bildungsgang und war fasziniert. „Die Lehrer da sind voll nett“, habe sie oft gesagt. Rebecca berichtet: „Deshalb wollte ich auch in diese Schule.“
Der Bruder von Hanife Öksüz (17) ist hörgeschädigt und besucht die Schule einer Einrichtung für hör- und sprachbehinderte Menschen in Schwäbisch Gmünd. Mit ihm erlebte sie die Tätigkeit von Gebärdensprachdolmetschern – und sah dies als interessanten Beruf für sich. „Deshalb wählte ich dieses Berufskolleg für mich aus, als Vorbereitung auf ein Studium der Gebärdensprache“, erzählt die junge Frau.
19 Schülerinnen und Schüler umfasst die neue Klasse – 15 junge Frauen und vier junge Männer. In früheren BKG – Klassen lag der Anteil der Schülerinnen noch höher. In anderen Fremdsprachenklassen oder entsprechenden Ausbildungen ist das ähnlich.
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