Die Anfänge des Sonderpädagogischen Dienstes für junge Menschen mit Hörschädigung und Sprachbehinderung an beruflichen Schulen in Baden-Württemberg war echte Pionierarbeit. „Für sowas gab es 2003 keine Verwaltungsvorschrift und keinen Finanzierungsplan. Wir mussten das alles erst entwickeln. Das war eine große Herausforderung. Diese zu meistern hat sich gelohnt, denn Sie tragen enorm zur hohen Fachlichkeit in Baden-Württemberg bei“, freut sich Ministerialrat Hubert Haaga vom Kultusministerium bei der Jubiläumsfeier anlässlich des 20jährigen Bestehens dieser ganz besonderen Abteilung der Schule beim Jakobsweg.
Pionier und Oberstudienrat Günther Schmid erinnert sich noch genau an den Start: „Mitte 2003 bekam ich von der damaligen Schulleiterin der Schule beim Jakobsweg, Beate Löffler, einen maßgeblich von ihr ausgearbeiteten Antrag ans Oberschulamt in die Hand gedrückt. Der Antrag hatte den etwas sperrigen Titel ‚Kooperation und Beratung in Bezug auf die Berufliche Bildung von Hör- und Sprachbehinderten in Baden-Württemberg – Wohnortnahe Rehabilitation‘. Ich hatte ihn von ihr zur Prüfung erhalten, und ob die dort beschriebenen Inhalte als neues Arbeitsfeld interessant für mich wären.“ Er hat nicht lange gezögert, sondern packte an: „Mich interessierte diese potentielle neue Stelle sehr. Einerseits, weil mir sofort klar war, welche zukunftsweisenden Aufgabenfelder im Antrag beschrieben wurden - und dies 10 Jahre bevor Inklusion in aller Munde war - und andererseits, weil sich dadurch für mich die Chance auftat, die Unterrichtsroutinen an der Schule beim Jakobsweg in gewisser Weise zu ergänzen und mir ganz neue Arbeitsfelder zu erschließen.“
Und so konnten im Schuljahr 2004/05 erstmals 34 Jugendliche an beruflichen Schulen in Baden-Württemberg durch drei Lehrkräfte der Paulinenpflege unterstützt werden. Inzwischen begleiten 14 Lehrerinnen und Lehrer des „SOPÄDIE“ über 200 Schülerinnen und Schüler an über 90 beruflichen Schulen. 2012 kam noch der Textoptimierungsdienst dazu, der jährlich mehr als 70 verschiedene landesweite berufliche Abschlussprüfungen auf sprachliche Barrierefreiheit hin überarbeitet.
Seit 2020 ist Sonderschullehrerin Anne Kächele Abteilungsleiterin des SOPÄDIE: „Mit dem Zitat ‚Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne‘ startete ich mit dem Team gemeinsam in das nächste Kapitel unseres SOPÄDIE. Im Mai 2020 genehmigte das Regierungspräsidium Stuttgart eine Funktionsstelle für die Abteilungsleitung des Sonderpädagogischen Dienstes. Seit September 2020 besteht also der SOPÄDIE als vollwertige und eigene Abteilung der Schule beim Jakobsweg und ich durfte mit großer Freude die Leitung dieser großartigen Abteilung von Günther Schmid übernehmen.“ Gerade in diesem Jahr gab es durch Corona viele neue Herausforderungen, aber auch positive Effekte wie z.B. die Möglichkeit von Videokonferenzen, mit denen die SOPÄDIE-Außenstandorte nun an allen Teamsitzungen teilnehmen können oder Beratungsgespräche mit gehörlosen Schülerinnen und Schülern über die Distanz ermöglicht werden.
Herausforderungen zu meistern ist also eine der Hauptaufgaben des Sonderpädagogischen Dienstes, wie auch Schulleiter Friedemann Bär weiß: „Vom SOPÄDIE lernen, heißt siegen lernen. Immer im Sinne der Schülerinnen und Schüler. Sie werden durch die Kolleginnen und Kollegen stark gemacht! Und auch sonst haben wir hier in der Schule beim Jakobsweg vom Sonderpädagogischen Dienst gelernt, z.B. wenn es um die Anwendung von Hilfsmitteln für hörbehinderte Jugendliche im Alltag oder um dezentrale Arbeit geht“.
Sichtlich gerührt war Abteilungsleiterin Anne Kächele am Ende der Jubiläumsveranstaltung - sie ist stolz auf und dankbar für ihr Team: „Wer hier einmal eingestiegen ist, bleibt dabei. Das liegt zum einen daran, dass Teamwork bei uns großgeschrieben wird und jede Meinung zählt. Zum anderen natürlich an unserer besonderen Arbeit, bei der wir ständig Einblicke in Schulen und Betriebe erhalten sowie landesweit mit vielen spannenden Menschen vernetzt sein dürfen. Auf diese Weise kommt auch nach 20 Jahren keine Langeweile auf.“ Ihr Vorgänger Günther Schmid ergänzt: „Wir durften und dürfen ständig über den Tellerrand unserer Einrichtung hinaus und hinein in die große Inklusionslandschaft schauen und dabei Grenzen ausloten und verschieben. Das ist immer aufregend und anregend. Wahrscheinlich hält uns das fit und macht neugierig, wie es weitergeht.“