Ende November wird es in den Tagesfördergruppen der Wohnstätte „Blaue Arche“ bei Winnenden-Hertmannsweiler sicher zunächst etwas weniger fröhlich zugehen, denn dann geht eine echt rheinische Frohnatur in den Ruhestand: Erzieherin Ilse Thater arbeitet seit 1991 in der Paulinenpflege und seit 2008 in einer der Tagesfördergruppen der Paulinenpflege. Ihre wohl angeborene Fröhlichkeit ist für sie Herzensöffner und Konfliktentschärfer zugleich: „Als ich in der Paulinenpflege, damals im Seniorentreff Winnenden, angefangen habe, hat mir eine Kollegin gesagt: Mit einem Späßchen kannst Du fast jede Situation entschärfen. Damit bin ich immer gut gefahren!“.
Berührungsängste mit Menschen mit Behinderung hatte die Erzieherin, die vor der Paulinenpflege in einem Kindergarten gearbeitet hat, nie: „Meine erste Begegnung mit den Klienten in der Paulinenpflege 1991 war so, als hätte ich nie etwas anderes gemacht. Die gehörlosen Rentner im Seniorentreff haben mich mit viel Vorschusslorbeeren bedacht und sehr herzlich aufgenommen“. Dabei hat sie besonders beeindruckt, wie die älteren Menschen mit ihren Handicaps umgehen, darunter ein taubblinder Rentner, der so viel Lebensfreude ausgestrahlt hat: „Ich dachte mir dann: Was sind wir oft unzufrieden wegen Kleinigkeiten und er sieht und hört nichts und ist doch mittendrin im Leben.“
Dass diese Teilhabe allen Klienten ermöglicht wird, ist Ilse Thater sehr wichtig. Das gilt auch für die schwerstmehrfachbehinderten Bewohnerinnen und Bewohner, die sie seit 2008 in der „Blauen Arche“ unterstützt und fördert. Das neue Arbeitsfeld hat ihr ebenfalls nie Probleme gemacht – im Gegenteil: Auch wenn die Kommunikation mit den Menschen in der „Blauen Arche“ auf den ersten Blick schwieriger erscheint, Ilse Thater hat auch sie schnell verstanden und ins Herz geschlossen.
„Eine Bewohnerin war in den ersten Tagen immer aggressiv, wenn ich den Raum betreten habe. Irgendwann ist mir ein Licht aufgegangen, dass sie mich schon in meiner Arbeitsstelle im Seniorentreff gesehen hatte. Es passte nicht in ihr System, dass ich jetzt plötzlich hier bin. Daraufhin habe ich ihr erklärt, dass ich ab sofort hier arbeite. Das hat sie verstanden und jetzt sind wir beste Freundinnen“.
Es sind die kleinen Momente, die ihre Arbeit in der „Blauen Arche“ immer zu etwas Besonderem gemacht haben: „Wenn ein Klient gemeinsam mit mir Schmutzwäsche abholt oder Müll wegbringt und dabei grinst und sich an mich kuschelt oder wenn ein schüchterner zunächst unzugänglicher Klient vorsichtig zuschaut, wie ich Gitarre spiele und plötzlich selbst die Gitarre berührt und an den Saiten zupft, dann weiß ich: Es hat sich bei dem Menschen was Großes getan“.
Nun sind die letzten Wochen in der Paulinenpflege Winnenden angebrochen. Auf der einen Seite freut sich Ilse Thater auf ihren Ruhestand, auf der anderen Seite ist sie auch traurig: „Für mich ist die Arbeit hier ein wichtiges Stück vom Leben. Mir sind die Klienten und Kollegen ans Herz gewachsen. Ein kleiner Moment, eine Sekunde, ein Lächeln meiner Menschen mit Behinderung und schon ist der ganze Tag hell! Das wird mir sicherlich sehr fehlen“.