Bisher gab es gegenüber der Paulinenpflege keine Vorwürfe, die vielen Einrichtungen der Jugendhilfe bereits gemacht wurden: Gewalt und Missbrauch von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gegenüber jugendlichen Klienten in den 50er bis 70er Jahren. Ein Aufruf auf unserer Homepage im Jahr 2010, bei dem wir Betroffene aufgerufen haben, sich unter einer Sondernummer zu melden, ergab keine Rückmeldungen.
Nun hat uns ein ehemaliges „Heimkind" direkt angesprochen. Die Person habe beim Aufenthalt in Kinderheim und Sonderschule in Winnenden zwischen 1967 und 1974 davon erfahren, dass andere Kinder von einem leitenden Mitarbeiter schwer verprügelt wurden. Ebenfalls habe er von einem Lehrer gehört, der Heimkinder möglicherweise sexuell missbraucht habe. Er selbst habe dies nicht erlebt, er kenne das nur vom Hörensagen, ist sich aber sicher, dass dies auch so war.
Die vom Vorstand sofort veranlassten Nachforschungen, insbesondere durch Interviews mit damals in Dienstwohnungen auf dem Gelände wohnenden Mitarbeitern oder deren Ehegatten, ergaben nach heutigem Stand keinen konkreten Anhaltspunkt für den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs.
Allerdings deutet einiges darauf hin, dass Kinder in den 70-er Jahren von einem leitenden Mitarbeiter durch teils schwere Prügelstrafen gemaßregelt wurden. Weitere Nachforschungen und Fragen ergaben, dass sich bei der Anlaufstelle des „Fonds Heimerziehung" in den letzten Jahren 15 Menschen aus der Paulinenpflege gemeldet haben. Leider hat diese Anlaufstelle diese Hinweise nicht an uns weitergegeben.
Der Vorstand hat die aktuellen Vorwürfe zum Anlass genommen, ein bereits länger diskutiertes Vorhaben in die Tat umzusetzen. Wie andere betroffene Einrichtungen wird die Paulinenpflege diesen speziellen Teil der Vergangenheit von einer unabhängigen Person aufarbeiten lassen und das Ergebnis veröffentlichen. Hierzu wird es in Kürze ein erstes Gespräch mit einer Historikerin geben.
Alles Unrecht, was den damaligen Klienten entstanden ist, macht uns Heutige in der Paulinenpflege Winnenden sehr traurig und tut uns sehr leid!
Nach wie vor können sich eventuell Betroffene bei uns in der Paulinenpflege Winnenden melden, da wir das Schicksal der „Heimkinder“ sehr ernst nehmen und gemeinsam mit ihnen aufarbeiten wollen. Der derzeitige Kontakt ist Herr Marco Kelch von unserer Abt. Öffentlichkeitsarbeit, Tel. 07195 695-1126 oder eMail: marco.kelch@paulinenpflege.de
In den nächsten Wochen wird eine unabhängige Kontaktstelle eingerichtet. Diese geben wir dann sofort hier auf unserer Homepage bekannt.
Die heute Verantwortlichen haben eine Vielzahl von Maßnahmen getroffen, damit Gewalt und Missbrauch verhindert oder zumindest sehr schnell aufgedeckt werden können.
Wesentliche Maßnahmen hierzu sind u.a.:
- Wir haben eine Selbstverpflichtungserklärung zum Kinderschutz unterschrieben und in diesem Kontext eine Risikoanalyse durchgeführt sowie notwendige Maßnahmen getroffen und umgesetzt.
- Bei der Aufnahme in unseren Jugendhilfeverbund erhalten die jungen Menschen die Broschüre „Deine Rechte“ und eine schriftliche Information, an wen sie sich bei Sorgen, Nöten und Beschwerden innerhalb der Paulinenpflege und auch an außenstehende Personen wenden können.
- Wir führen die Ampel in Gruppenangeboten ein, aus der sich für die jungen Menschen klar ergibt, was ein Erwachsener darf und was er nicht tun darf. Sie legt die No-Gos von Erzieherinnen und Erziehern gegenüber ihren Klienten fest.
- Unsere Haltung ist: „Unsere Klienten werden vor Gewalt und sexueller Gewalt geschützt. Täter werden nicht gedeckt“.
Lesen Sie dazu auch den Bericht der "Winnender Zeitung" vom 18.10.2018 - Sie können diesen als PDF-Datei unten auf dieser Seite downloaden!