„Wir leben Inklusion“, so begründet Eva Paulus die etwas geänderte Ausrichtung des Berufskollegs Gebärdensprache. Im September 2021 haben – gemeinsam mit ihren hörenden Klassenkameradinnen und Kameraden - zwei Schülerinnen mit Hörschädigung diesen Bildungsgang begonnen. Eva Paulus: „Und das ist gut so“. Ursprünglich war das Berufskolleg Gebärdensprache nur für normalhörende Schülerinnen und Schüler bestimmt.
Im zweijährigen Berufskolleg Gebärdensprache erwerben die Schüler die Fachhochschulreife und sie erlernen die Gebärdensprache so, dass sie sogenannte Alltagssituationen in dieser Sprache bewältigen können. Das Berufskolleg wurde 2009 gegründet und ist nach wie vor die einzige Schulform in Deutschland, in der Schülerinnen und Schüler die Gebärdensprache lernen können. Dieser Bildungsgang dient auch dazu, solche junge Menschen zu qualifizieren, die ein Studium zum Gebärdendolmetscher beginnen wollen. Dafür werden bereits Vorkenntnisse in Gebärdensprache erwartet. Vor allem aber sollen junge Menschen dafür befähigt werden, sich mit gehörlosen Menschen unterhalten zu können und ihre besondere Kompetenz auch in ihren zukünftigen „normalen“ Beruf einbringen.
Bei der Gründung des neuen Berufskollegs im Jahr 2009 war diese Schulform einzig auf normalhörende Schüler ausgerichtet. Dem entspricht auch die Klassengröße: 28 junge Erwachsene besuchen diese „Regelklasse“, nicht nur maximal 12 wie in den anderen Schulklassen der Paulinenpflege. An der Größe dieser Klasse hat sich auch heute nichts geändert. Nach wie vor gilt dieser Bildungsgang als „Regelberufskolleg“, nicht als „Sonderberufskolleg“ wie die beiden anderen Berufskolleg „Technik“ sowie „Gesundheit und Pflege,“, die es in der Schule beim Jakobsweg der Paulinenpflege Winnenden außerdem gibt.
Eva Paulus: „Schülerinnen und Schüler mit Handicaps in anderen Bereichen hatten wir schon häufiger im BKG. Jetzt nehmen wir auch hörgeschädigte Schüler darin auf.“ Die Voraussetzungen dafür sind in der Paulinenpflege recht gut: Soundfieldanlagen sind in allen Klassenzimmern vorhanden. Alle Lehrer, welche die herkömmlichen Fächer – von Mathematik über Englisch bis zu Religion – unterrichten, sind geübt im Umgang mit gehörlosen jungen Menschen, da sie auch in den anderen Bildungsgängen der Schule eingesetzt sind.
Einige der Lehrer sind selbst hörgeschädigt – nicht nur die Schulklassen, sondern auch das Lehrerkollegium ist „inklusiv.“ Nicht zuletzt ist auch die eigene Kompetenz der hörgeschädigten Schülerinnen für ihre normalhörenden Klassenkameraden sehr nützlich: Keiner kann wohl Gleichaltrigen besser erklären, was eine Hörschädigung in allen Lebensbereichen ausmacht als einer, der selbst davon betroffen ist.
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