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Begeisterung und Jubel kennen keine Barrieren

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Menschen mit Behinderungen aus der Paulinenpflege Winnenden motivieren die Handballer des TSV Neustadt und bringen bei jedem Heimspiel eine ganz außergewöhnliche Stimmung in die Halle.

Fanclubs für Sportmannschaften gibt es wie Sand am Meer, doch die Handballspieler vom TSV Neustadt haben einen ganz besonderen: Seit zwei Jahren fahren Bewohner aus der Paulinenpflege Winnenden regelmäßig nach Neustadt, um dort „ihre“ Mannschaft zum Sieg zu jubeln. Diese Woche waren die Handballer zum Gegenbesuch in der Paulinenpflege Winnenden.

Gülay steht ganz aufgeregt am Grill. Sie will wissen, wer heute für sie mitten im Stadtbereich der Paulinenpflege eine Rote bruzzelt. In der Hand hält sie ein Fingeralphabet, denn Gülay ist gehörlos und hinter dem Grill steht ein Handballer des TSV Neustadt, der bisher noch nicht allzu viel mit Gebärdensprache zu tun hatte. Trotzdem gibt es keine Berührungsängste und der Griller gebärdet mit Hilfe des Fingeralphabets seinen Vornamen. Er heißt „T-h-o-m-m-y“.  Als das geklärt ist, gibt es Rote für Gülay und alle anderen Besucher des Freizeit- und Bildungsbereichs „Club Paula“ der Paulinenpflege.

„Der Besuch des TSV Neustadt soll ein Dankeschön sein für die Unterstützung der Paulinenpflege-Bewohner bei unseren Heimspielen. Sie sind mindestens einmal pro Monat in der Halle und unterstützen uns lautstark mit Trommeln und Kuhglocken“ erzählt Max Gutheinz, der gleichzeitig Handballer und Mitarbeiter im „Club Paula“ ist. Er war es, der vor zwei Jahren die ganz inklusive Idee hatte, den sportbegeisterten Teil seines Klientels mit zu einem Handballspiel zu nehmen. Damals hat er ein Vorpraktikum in der Paulinenpflege gemacht, heute studiert er „Soziale Arbeit“ an der Dualen Hochschule Stuttgart, seine Praxisstelle ist der „Club Paula“.

Aus der Idee ist ein Projekt geworden, denn die Menschen mit Behinderungen sind inzwischen nicht nur Zaungäste beim TSV Neustadt, sondern echte Fans mit eigenem Banner. In der Halle in Neustadt sind sie gern gesehene Gäste und werden von der gesamten Handballabteilung unterstützt, wenn sie zum Beispiel Hilfe brauchen, um auf die Tribüne zu kommen. Und dann ist es mit der Ruhe vorbei, Max Gutheinz weiß wovon er spricht: „Es fällt total auf, wenn die Paulinenpflege-Bewohner mal nicht in der Halle sind. Die machen echt Stimmung und die brauchen wir als Handball-Mannschaft.“

Nach dem Spiel fachsimpelt der Fanclub aus der Paulinenpflege regelmäßig mit seinen „Stars“, dabei gibt es durchaus auch kritische Nachfragen: „Ein Bewohner hat vor kurzem einen Spieler gefragt, warum er denn immer an die Latte schießt. Die Meinung der Menschen mit Behinderungen ist uns als Handballmannschaft wichtig, denn sie sind sehr offen und nehmen kein Blatt vor den Mund.“ berichtet Max Gutheinz.

Heute ist dem Fanclub aus der Paulinenpflege die Meinung der Handballer wichtig, denn sie dürfen hinter die Kulissen des Bildungs- und Freizeitbereichs „Club Paula“ schauen, in dem sich allabendlich bis zu hundert Bewohnerinnen  und Bewohner der Paulinenpflege im Bistro auf eine Cola oder Fanta zum gemeinsamen Plausch oder Fernsehschauen treffen. Regelmäßig gibt es dort auch ganz besondere Angebote wie zum Beispiel prominente Gäste oder Pizzabacken. Heute gibt’s Handball-Promis mit roter Wurst aus der Mannschaftskasse des TSV Neustadt und beides wird begeistert angenommen: „Ich hab noch nie Leute gesehen, die sich über einen Besuch von uns und eine rote Wurst so gefreut haben, wie die Bewohner aus der Paulinenpflege“ staunt einer der Handballer auf dem Weg zum Fernseher.

Dort wartet das gemeinsame Fußball-Event VfB Stuttgart gegen den HSV. Spätestens beim Bejubeln des VfB-Siegs sind sich Bewohner wie Handballer einig: Dies soll nicht der letzte gemeinsame Abend gewesen sein, denn Jubel und Begeisterung kennen keine Barrieren. Das  nächste Wiedersehen in Sachen „Fanclub Paula Neustadt“ steht schon fest: Am 17.01.2015 ist das nächste Heimspiel der Handballer und da werden dann wieder die Trommeln und Kuhglocken der Paulinenpflege-Bewohner durch die Halle lärmen und die Rückrunde der Handballer einläuten.

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Club-Paula-Jubel