Zum Inhalt springen

Bildermalen gegen Unruhe und Angst

|   PP

Paulinenpflege ermöglicht Projekt „Kunstraum“ für traumatisierte Flüchtlingsfamilien in der Gemeinschaftsunterkunft der Stadt Winnenden.

Bunt geht es meist zu im Gemeinschaftsraum der Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlingsfamilien in Winnenden, besonders farbig ist es allerdings am Dienstagnachmittag. Dann findet nämlich unter Anleitung von Kunsttherapeutin Waltraud Kaiser ein außergewöhnliches Kunstprojekt statt. Die Wand ist mit selbst gemalten bzw. gezeichneten Bildern geschmückt, auf dem Tisch stehen viele bunte Stifte und Materialien.

Teilnehmen dürfen alle geflüchteten Menschen, die in der Unterkunft im Schelmenholz leben. „Wir laden hier ganz bewusst zunächst die Erwachsenen ein, die dann aber ihre Kinder mitbringen dürfen. Das Projekt ‚Kunstraum‘  soll keine Kinderbetreuung sein, sondern hier wollen wir auch die Erwachsenen erreichen“, erläutert Waltraud Kaiser das Konzept. Diese Einladung wird gerne angenommen: Von den 30 Flüchtlingsfamilien aus dem Irak, Syrien und Afghanistan sind regelmäßig 20 Menschen anwesend. Die Kunsttherapiegruppe zum Mitdenken, Mitfühlen und Mitmachen findet seit März 2017 einmal wöchentlich statt.

„Die meisten von ihnen haben im Krieg in ihrem Heimatland oder auf der Flucht Schlimmes erlebt. Sie stehen gewaltig unter Druck. Das zeigt sich bei Jugendlichen, indem sie kaum still sitzen und sich auf eine Sache konzentrieren können. Auch die Erwachsenen können die Anspannung, die sie aus den Krisensituationen mitgebracht haben, nicht einfach abschalten. Beim Malen kommen sie nach und nach wieder zur Ruhe“, ist die Kunsttherapeutin zuversichtlich. Finanziert wird das Projekt „Kunstraum“ von der Paulinenpflege Winnenden, die auch die Sozialarbeit in der Gemeinschaftsunterkunft der Stadt Winnenden übernommen hat. 

Die traumatisierten Frauen, Jugendlichen und Kinder sind sichtlich stolz auf ihre Bilder. Die Gemälde schmücken den Gemeinschaftsraum. Leider sind Männer in diesem Kunstprojekt etwas unterrepräsentiert, das findet Waltraud Kaiser schade: „Im arabischen Raum haben sie Schwierigkeiten mit dem Malen. Sie meinen, dass das nichts für Männer sei. Trotzdem kommen ab und zu Väter her und machen mit. Besonders erfreulich ist, dass Jungs und männliche Jugendliche sehr offen sind für das Projekt und gerne teilnehmen“.

Berührungsängste mit dem Projekt werden so gering wie möglich gehalten. Jeder soll so malen, wie er will und kann. Manche malen völlig frei, andere nach Vorlagen. Neben Möglichkeiten für verschiede Maltechniken wird im Kunstprojekt auch Linoldruck angeboten. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. „Jede und jeder soll da abgeholt werden, wo er steht. Zudem kommt es uns sehr entgegen, dass das Projekt direkt in der Unterkunft stattfindet. So kommt manchmal jemand zufällig vorbei und bleibt dann begeistert hängen.“

Viele der Teilnehmer sind aber regelmäßig dabei und öffnen sich beim Malen mehr und mehr. „Eine geflüchtete Frau erzählte mir nach einem halben Jahr, dass sie noch eine 6-jährige Tochter bei ihrer Schwester in Syrien habe und sich deshalb große Sorgen macht“ berichtet Waltraud Kaiser. Hier zeigt sich, dass bei den geflüchteten Menschen ganz besonders eine kontinuierliche, verlässliche und wertschätzende Beziehung wichtig ist. „Ich bin froh, dass die Paulinenpflege Winnenden das Projekt finanziert und somit ein regelmäßiger und langfristiger Rahmen möglich ist.“

Zurück