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"Kennt man einen Autisten, kennt man einen Autisten"

|   PP

Sozialpädagogin Laura Bürkle arbeitet seit einem Jahr im Fachdienst Autismus der Paulinenpflege und erlebt dort die ganze Vielfalt von ganz besonderen Menschen.

Bei ihr ist kein Tag wie der andere: Sozialpädagogin Laura Bürkle weiß oft nicht, was sie so alles erwartet, wenn sie morgens das Büro betritt. Als Fachdienst Autismus der Paulinenpflege Winnenden hat sie ein fast unüberschaubares Aufgabenfeld: Von der bereichsübergreifenden Erstberatung von Autisten und deren Angehörigen, die sie per eMail oder per Telefon kontaktieren über die bereichsübergreifende kollegiale Beratung innerhalb der Paulinenpflege bis hin zur Mitwirkung an der praxisnahen Seminarreihe „Autismus“ für Fachkräfte ist Laura Bürkle auf vielen Gebieten im Einsatz.

„Man muss die Leute durch einen großen Dschungel durchlenken, da es nicht den einen „Fahrplan“ für Autisten gibt, sondern die Möglichkeiten und Einschränkungen von Autisten sehr unterschiedliche Lebenswege ergeben. Auch sonst sind Unterstützungsangebote für Autisten in ganz Deutschland rar“, erzählt die Sozialpädagogin über die vielen Anfragen von Autisten und deren Angehörigen. Das war auch der Grund, warum sich die Paulinenpflege vor rund 20 Jahren auf den Weg gemacht hat, Angebote für Autisten zu konzipieren und teilweise in schon bestehende Angebote z.B. in die für hörbehinderte Menschen zu integrieren. Bürkles Aufgabe ist es nun für jede Anfrage einen passenden Angebots-Mix zu finden. Inzwischen gibt es innerhalb der Paulinenpflege Unterstützungsmöglichkeiten für Autisten u.a. bei der Ausbildung im Berufsbildungswerk, in verschiedenen Bildungsgängen der Schule beim Jakobsweg oder in einem eigenen Wohnangebot für Autisten.

Anfragen kommen oft von Eltern, deren autistische Kinder in Regelschulen Odysseen hinter sich haben: „Die Schüler passen nirgends rein und das führt manchmal zu verzweifelten Anrufen, die bei mir landen. Es freut mich dann, wenn wir eine Maßnahme in der Paulinenpflege finden, die für den Jugendlichen mit Autismus wieder eine Lebensperspektive eröffnet. Leider ist das nicht immer der Fall, da wir z.B. eine große Warteliste für unsere Wohnangebote haben“. Auf alle Fälle geht es immer sehr individuell zu bei der Beratung und der Weiterentwicklung der Angebote für Menschen mit Autismus: „Kennt man einen Autisten, kennt man einen Autisten“, ist eine der Erkenntnisse von Laura Bürkle.

Obwohl sie schon beim Freiwilligendienst in der Schule beim Jakobsweg der Paulinenpflege mit einigen Autisten in Berührung gekommen ist, genauso in den Praxisphasen ihres DHBW-Studiums „Sozialmanagement“ und zudem noch als Jobcoach im Sozialdienst des Berufsbildungswerks Winnenden arbeitet, lernt Laura Bürkle in Sachen „Autismus“ immer wieder dazu. Hilfreich war für sie auch die jährlich für ganz Süddeutschland angebotene Seminarreihe „Autismus in der Lebensvielfalt“, in der verschiedene Professionen aus verschiedenen Blickwinkeln auf Autismus schauen: „Das ist schon eine besondere Fortbildung, bei der nicht nur die Referenten aus total verschiedenen Bereichen kommen, sondern auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Nochmal besonders klar geworden ist mir, dass man nicht über, sondern immer mit den Autisten sprechen muss. Zudem ist mein Verständnis für einige zunächst schwierig erscheinende Eltern von Autisten gewachsen. Ich kann besser nachvollziehen, warum sie so sind wie sie sind und was sie belastet“. Inzwischen ist Laura Bürkle nicht mehr Teilnehmerin der Seminarreihe, sondern Moderatorin. 

 Über fehlende Abwechslung kann sich die Sozialpädagogin also nicht beklagen. Was motiviert sie noch in ihrem Job? „Ich freue mich riesig, wenn sich ehemalige Azubis melden, die einen Job gefunden haben und rückmelden, dass es ihnen damit richtig gut geht“. Aber auch schon während der Begleitung und Unterstützung in der Paulinenpflege gibt es viele ganz besondere Situationen: „Menschen mit Autismus sind oft schlagfertig und witzig und auf alle Fälle echte Originale. Ich habe zum Beispiel einen Klienten, der einen großen Wortschatz mit Fach- und Fremdwörtern hat. Da muss ich manchmal recherchieren, um ihn zu verstehen. Auf die Frage hin, warum er denn unbedingt eine Ausbildung bei den IT-Fachinformatikern machen will, hat ein Azubi geantwortet: Weil es dort 80% Normale gibt!“ Für Nicht-Insider: In diesem Bereich arbeiten ungefähr genau so viele Autisten.

 

Weitere Infos zur  Seminarreihe "Autismus in der Lebensvielfalt: Wohnen - Schule - Beruf - Therapie"

Ein Kompetenzteam aus Psychologen, Therapeuten, Pädagogen, Heilerziehungspflegern, Sozialarbeitern und Ausbildern vermittelt ein grundlegendes Verständnis für Autismus-Spektrum-Störungen sowie konkrete Handlungsstrategien für ein gelingendes Miteinander in der Praxis der Arbeits- und Lebensfelder. Großen Wert legen die Seminare auf den kollegialen Austausch und die Fachberatung.

Die überschaubare Teilnehmerzahl lässt genügend Raum, um auf Ihre Anliegen einzugehen, diese zu analysieren und Ihnen Anregungen für den fachlichen Umgang und die Begleitung von Menschen mit Autismus zu geben. Methoden sind: Fachvorträge, Videopräsentationen, Tandem- und Gruppenarbeit, kollegialer Praxisaustausch, Besichtigungen. Die Fortbildung richtet sich an Fach- und Führungskräfte aus den Bereichen Schule, Ausbildung & Beruf, Wohnen und Therapie.

Die Seminarreihe schließt mit einem Zertifikat ab und startet am 27.4.2020 in Bad Boll. Infos und Anmeldung unter www.autismus.paulinenpflege.de

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