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Paulinenpflege-Neujahrsempfang 2019 "Der Jugendhilfe ein Gesicht geben"

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Neben vielfältigen Einblicken in die Jugendhilfe gab es auch kritische Töne zu den neuen Gesetzen in der Eingliederungshilfe/Behindertenhilfe.

Auch wenn beim Neujahrsempfang gestern die Jugendhilfe im Mittelpunkt stand, gab es auch einige Informationen und Gedanken zu den erlassenen Gesetzen, die vor allem die Behindertenhilfe betreffen. Zu der schon zur Tradition gewordenen Veranstaltung war gestern in die Aula des BBW Winnenden geladen worden. Es kamen wieder viele interessierte Gäste aus dem Personenkreis der Geschäftspartner, Politik, Behördenvertreter und Spender.

Schon bei der Begrüßung zeigt der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Gottfried Heubach sehr anschaulich auf, was die engen Vorgaben der Landesheimbauverordnung für die Paulinenpflege bedeuten: „Wir müssen pfenniggute Gebäude für Millionen umbauen, weil die Zimmer breiter sein müssen, als sie nach den Vorgaben von 1990 gebaut worden sind. Wer beurteilt eigentlich, dass man sich in einem quadratischen Zimmer wohler fühlt als in einem länglichen?“ Letztlich handle es sich hier um eine Fehlleitung von Geldern, die woanders sinnvoller eingesetzt werden könnten. So sei man in der Paulinenpflege der Meinung, dass die Raumbedingungen in den Backnanger Werkstätten im Verhältnis schlechter seien als die Wohnbedingungen in den Wohnangeboten Behindertenhilfe. Man könne aber in den Backnanger Werkstätten nichts tun, weil das vorhandene Geld zum Umbau im Wohnen eingesetzt werden müsse.

Vorstand und Hauptgeschäftsführer Andreas Maurer schilderte, dass man sich derzeit auf das Inkrafttreten des Bundesteilhabegesetzes am 1.1.2020 in einer Art „Blindflug im Nebel“ zubewege. „Das Gesetz will einen Paradigmenwechsel von der Fürsorge hin zur Ermöglichung von Teilhabe vollziehen. Das ist ein richtiges und berechtigtes Anliegen. Doch was es in der Umsetzung bedeutet, ist leider für viele Betroffene und ihre Betreuer_innen eine echte Überforderung und für die Ämter wie auch für uns ein riesiger bürokratischer Aufwand. Wenn seither ein Mensch mit Behinderung in einem unserer Wohnangebote wohnte, hatte er oder sie eine Bewilligung vom Sozialamt des Heimatlandkreises und wir haben die Leistungen direkt mit dem jeweiligen Sozialamt abgerechnet. In Zukunft muss der oder die Betroffene oder deren gesetzliche Vertreter_innen drei Anträge stellen.“

Im Gegensatz zu den Schwierigkeiten in der Behindertenhilfe gab es Positives aus der Jugendhilfe zu berichten. Holger Gläss, der neue Leiter des Kreisjugendamtes, stellte sein großes Amt mit insgesamt 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als modernen Dienstleister vor, der das Kindeswohl in den Vordergrund stelle und das Ziel habe, Jugendhilfe in der Mitte der Gesellschaft zu positionieren. Gläss sieht die Jugendhilfe als funktionierende Einheit, die aus den Modulen Regeleinrichtungen, Hilfen zur Erziehung und Krisenintervention bestehe. In Regeleinrichtungen wie Kindertagesstätten, Schulen, Jugendarbeit und Familienbildung müsse die Tragfähigkeit der Infrastruktur gestärkt werden, um Belastungssituationen ausgleichen zu können. Hilfen zur Erziehung seien als ressourcenorientierte und integrierende Begleitung und Hilfe im Einzelfall zu gestalten. Zusätzlich sei eine belastbare Krisenintervention und Deeskalation sicherzustellen. Seine Vision sei „das Jugendamt als Zentrale für gelingendes Aufwachsen für alle Kinder.“

Die Jugendhilfe aus Trägersicht stellte Joachim Hoffmann vor. Als Bereichsgeschäftsführer organisiert er den Jugendhilfeverbund der Paulinenpflege als innovativen Dienstleister mit einem professionellen Leistungsanspruch.

Besonders beeindruckend war auch der Abschluss des Abends: Lucia Dangel, Abteilungsleiterin für Psychosoziale Hilfen, interviewte den Jugend- und Heimerzieher-Azubi Oliver Filusch. Filusch hat eine ganz besondere Karriere gemacht: Er war selbst Jugendhilfe-Klient, u.a. drei Jahre lang in der DWG Waiblingen. Inzwischen hat er die Seite gewechselt und macht seine Ausbildung zum Jugend- und Heimerzieher in den Internaten der Schule beim Jakobsweg. Was ihm bei seiner Arbeit wichtig ist, fasst Oliver Filusch so zusammen: „Jede_r Klient_in darf in der Paulinenpflege so sein wie er/sie ist. Aber Jeder_r bringt auch eine Baustelle mit, die gemeinsam bearbeitet werden muss.“ Mehr zum Werdegang von Oli Filusch finden Sie hier!

 

Vor Ort beim Neujahrsempfang 2019 war auch die "Waiblinger Kreiszeitung" - den ausführlichen Bericht von Redakteur Martin Winterling können Sie unten auf der Seite als pdf-Datei downloaden!

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