Zum Inhalt springen

Verhaftung durch Flucht entkommen - Refugees Welcome auch in der Paulinenpflege

|   PP

Seit Sommer wohnen in der Paulinenpflege Winnenden auch „unbegleitete minderjährige Flüchtlinge.“ Dies sind Flüchtlinge unter 18 Jahren, die ohne Eltern oder anderen Verwandten nach Deutschland kamen.

Angesichts der hohen Flüchtlingszahlen weist die baden-württembergische Landeserstaufnahmestelle in Karlsruhe die Flüchtlinge allen Landkreisen nach einer Quote zu. Das Kreisjugendamt Waiblingen hat deshalb unter anderem die Paulinenpflege Winnenden beauftragt, Plätze bereit zu stellen. In einem der Häuser des Jugendhilfeverbundes im Winnender Stadtteil Schelmenholz wurde deshalb eine eigene Wohngruppe für junge Flüchtlinge eingerichtet. Andere wohnen kurzfristig in der Inobhutnahmestelle, weitere in schon bestehenden Wohngruppen.

Die Flüchtlinge kommen aus Syrien, Pakistan sowie aus vielen afrikanischen Staaten. Nicht alle sprechen Englisch, so dass mit einigen die Kommunikation recht schwierig ist. Bis jetzt leben nur männliche unbegleitete Flüchtlinge in den Wohngruppen der Paulinenpflege. Die meisten der im Jugendhilfeverbund der Paulinenpflege untergebrachten Flüchtlinge besuchen eine der Berufsschulen im Landkreis, die ein „VABO“ – „Vorqualifizierungsjahr für Arbeit und Beruf – ohne Deutsch“ anbieten. Einige arbeiten in der Paulinenpflege mit den Hausmeistern, andere absolvieren in Winnender Firmen Praktika. Übers Internet halten die jungen Menschen Kontakt mit ihren Familien. Trotzdem ist für die meisten von ihnen die Trennung von ihren Eltern und Geschwistern schwierig.

„Die meisten dieser jungen Menschen sind diszipliniert. Die werden ihren Weg gehen“, berichtet Joachim Hoffmann von der Paulinenpflege anerkennend über die Flüchtlinge. Hoffmann ist Bereichsgeschäftsführer im Jugendhilfeverbund der Paulinenpflege. Zu seinen Aufgaben gehört auch die Hilfe für junge Flüchtlinge. Voraussichtlich im Herbst wird die Paulinenpflege eine eigene Schulklasse für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge auf traumapädagogischer Grundlage eröffnen. Ziel dieses speziellen Bildungsganges ist es, die jungen Menschen fit für eine Berufsausbildung zu machen. Sehr wichtig dafür ist, dass sie die deutsche Sprache lernen.

Emmanuel Bright aus Nigeria, 17 Jahre alt, ist einer der jungen Männer, die seit diesem Sommer in Häusern des ehemaligen Kinderdorfes bei der Bodenwaldschule wohnen. Vor vier Monaten kam er in Deutschland an. Anfangs war er in der Erstaufnahmestelle in Karlsruhe untergebracht. Der Rems-Murr-Kreis, dem er zugeteilt wurde, fand in der Paulinenpflege Winnenden einen Wohnplatz für ihn.

Sein Heimatland musste Emmanuel Bright verlassen, weil er von der Polizei beschuldigt wurde, Bomben für die Terrororganisation Boko Haram zu bauen. Er arbeitete als Schweißer in einer Autowerkstatt und kennt sich tatsächlich mit Metalltechnik aus – „mit der Terrororganisation hatte ich und diese Autowerkstatt aber nie etwas zu tun.“ Als er erfuhr, dass die nigerianische Polizei ihn verhaften wolle, entschied er sich für die Flucht. Laut Amnesty international geht sowohl die islamische Terrrororganisation Boko Haram als auch die gegen sie kämpfende nigerianische Armee auch gegen Unbeteiligte mit äußerster Brutalität vor.

Mit anderen Flüchtlingen ging Emmanuel Bright in Libyen auf ein Schlauchboot. Drei Tage lang seien sie auf dem offenen Boot schutzlos dem Wetter und den Wellen ausgeliefert gewesen, bis sie von der italienischen Marine gerettet wurden. Die Marinesoldaten brachten die Flüchtlinge zwar an Land, überließen sie dann aber ihrem Schicksal. „Weil ich nichts zu essen hatte, musste ich betteln.“ Sehr erfreut sei er über die Hilfe in Deutschland. Um sich auf eine Berufsausbildung vorzubereiten, absolvierte Emmanuel Bright in den Sommerferien ein Praktikum in der Winnender Mercedes-Niederlassung Lorinser. Ab Montag besucht er wieder die Anna-Haag-Schule in Backnang, um weiter Deutsch zu lernen.

Zurück
jhv_unbegleitet_01.jpg
Emmanuel Bright aus Nigeria wohnt in der PP