Fast 2.000 Menschen haben sich am Samstag parteiübergreifend am Winnender Marktbrunnen versammelt. Der Seniorenrat der Stadt Winnenden hatte eingeladen zu „Winnenden gemeinsam für Demokratie, Toleranz, Vielfalt und Gleichberechtigung“. Neben Oberbürgermeister Hartmut Holzwarth und vielen weiteren Rednerinnen und Rednern aus Winnenden haben Bewohnerbeirätin Tina Spengler und Marco Kelch aus unserer Öffentlichkeitarbeit wichtige Statements abgegeben.
Besonders die gehörlose Tina Spengler hat mit ihren Worten beeindruckt: „Ich bin Tina Spengler. Ich lebe seit 24 Jahren in der Paulinenpflege. Ich arbeite als Näherin. Und ich bin Vorsitzende vom Bewohnerbeirat. In der Paulinenpflege leben viele verschiedene Menschen. Ausländische Menschen, auch aus Afrika. Und Menschen mit Behinderung. Wir verstehen uns alle gut. Gott hat alle Menschen gemacht. Wir wollen, dass alle Menschen freundlich zueinander sind. Danke, dass sie alle sich für uns einsetzen.“
Und Marco Kelch ergänzt: "Weil das Leben bunt ist. Das hat seine Berechtigung. Bei der Paulinenpflege leben Menschen mit unterschiedlichsten Behinderungen. Menschen aus vielen verschiedenen Ländern mit verschiedenen Hautfarben beschulen, betreuen, bilden oder pflegen sie. Und das funktioniert bestens.
- Kinder und Jugendliche in der Jugendhilfe
- wir haben ein Berufsbildungswerk und berufliche Schulen, draußen im Schelmenholz. Dort bilden wir junge Menschen mit Behinderung in verschiedenen Berufen aus - und machen sie fit für den Arbeitsmarkt
- und wir kümmern uns um etwa 700 Menschen mit mehrfacher Behinderung mit Wohnangeboten im gesamten Rems-Murr-Kreis und mit Arbeitsplätzen in Werkstätten.
Einige der Menschen mit Behinderung in der Paulinenpflege beginnen sich wie Tina Spengler, Sorgen zu machen. Sie wissen, dass unter der Naziherrschaft behinderte Menschen abgeholt und ermordet worden sind. Deshalb sind ihre Ängste besonders ernst zu nehmen.
Als die Paulinenpflege vor über 200 Jahren gegründet wurde, war das die Zeit der napoleonischen Kriege. Die Zeit von Missernten und Hungersnot. Und eine Zeit der Auswanderung, die Donau hinunter oder gar nach Amerika. Es gab damals hungernde Kinder in den Straßen. Damals haben Winnender Bürger die Paulinenpflege gegründet, um diese Kinder zu retten und ihnen eine Zukunftsperspektive zu geben.
Heute ist die Not nicht bei uns, aber an anderen Orten in der Welt. Jetzt schicken Familien ihre älteren Kinder zu uns, damit sie eine Zukunftsperspektive haben. Oder auch nur, damit nicht als Soldaten verheizt werden. Manchmal ist die Integration nicht einfach und Deutschland scheint hier auch an seine Grenzen zu stoßen. Aber es gibt viele Beispiel dafür, dass Integration gelingt und gerade diese Menschen unsere Gesellschaft und auch die Paulinenpflege bereichern.
So haben wir in der Paulinenpflege in unseren Wohnangeboten für erwachsene Menschen mit Behinderung ständig ehrenamtliche Helfer aus Syrien, aus Afghanistan und aus Afrika. Sie haben Arbeitsverbot, aber sie helfen uns bei der Betreuung und bei der Pflege behinderter Menschen. Weil sie nützlich sein wollen!
Und unbegleitete minderjährige Zuwanderer im Jugendhilfeverbund bereichern z.B. eine Kindergruppe. Die älteren Jugendlichen kümmern sich um die kleinen so, als ob es ihre eigenen Geschwister wären und so, als ob das die normalste Sache der Welt wäre. Hoffen wir, dass es immer mehr zur normalsten Sache der Welt wird - weil das Leben bunt ist!"