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Auf die andere Seite gewechselt: Vom Klienten zum Jugend- und Heimerzieher-Azubi

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Jugend- und Heimerzieher-Azubi Oliver Filusch war früher Klient im Jugendhilfeverbund der Paulinenpflege Winnenden.

In der Paulinenpflege gibt es viele interessante Karrierewege von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Doch der „Menschenweg“ von Oliver Filusch berührt und beeindruckt besonders. Zurzeit macht er die Ausbildung zum Jugend- und Heimerzieher in einer Internatsgruppe für Autisten der Schule beim Jakobsweg der Paulinenpflege Winnenden. In seiner Wohngruppe betreut er sieben Schüler und unterstützt sie nach der Schule bzw. verbringt mit ihnen die Freizeit.

Für Oliver Filusch ist diese Wohn- und Lebensform nicht neu, denn er war als Jugendlicher selbst Klient im Jugendhilfeverbund der Paulinenpflege. Auch wenn sein Lebensstart alles andere als rosig war, berichtet der 24jährige sehr offen über diese Zeit: „Nachdem es in einer Pflegefamilie nicht geklappt hat, wurde ich 2010 in eine Wohngruppe des Jugendhilfeverbunds in Waiblingen aufgenommen. Dort war ich drei Jahre lang. Zunächst hätte ich nie gedacht, dass ich mein Leben selbständig in den Griff bekomme. Doch diese Zeit hat mir viel gegeben. Damals war mir schon klar, dass ich diese positiven Erfahrungen, die ich mit meinen Betreuern gemacht habe, irgendwann wieder zurückgeben möchte.“

Oliver Filusch wechselt danach noch für ein Jahr ins Betreute Jugendwohnen der Paulinenpflege und startet in dieser Zeit die Ausbildung zum Industriemechaniker: „Im 2. Lehrjahr habe ich gemerkt, dass ich das nicht mein ganzes Leben lang machen möchte. Ich habe wieder an die guten Erfahrungen mit den Erziehern in meiner Wohngruppe zurückgedacht. Und genau das wäre eigentlich mein Traum-Job!“

So hat Filusch seine Ausbildung in der Industrie abgebrochen und zunächst ein Vorpraktikum zum Jugend- und Heimerzieher an der Anna-Haag-Schule gemacht.  Seit 2016 absolviert er die praxisorientierte Ausbildung an der dualen Fachschule St. Loreto in Schwäbisch Gmünd. „Als Praxisstelle kam für mich nur die Paulinenpflege in Frage. Im Bewerbungsgespräch bin ich offen mit meiner Vergangenheit umgegangen. Ich schäme mich nicht dafür, dass ich mal Klient in der Jugendhilfe gewesen bin.“

Die Offenheit hat nichts geschadet und wurde mit einem Ausbildungsplatz in der Wohngruppe für Autisten, die das Vorqualifizierungsjahr Arbeit/Beruf besuchen, belohnt. Dort hat Oliver Filusch ein spannendes Aufgabengebiet: „Die Herausforderung ist, das Gelernte auf jeden einzelnen Schüler ganz individuell anzupassen und umzusetzen. Schema F funktioniert bei Autisten nicht. Und obwohl wir hier auch Einzelgänger haben, sind wir doch eine Gruppe mit einem großen Zusammengehörigkeitsgefühl.“

Auch von seinen Kolleginnen und Kollegen ist er begeistert: „Es herrscht bei uns ein tolles Arbeitsklima, ich fühle mich hier sehr wohl. Es behandelt mich keiner als ehemaligen Jugendhilfe-Bewohner. Ich bin dankbar, dass ich auf die andere Seite vom Klienten zum Erzieher wechseln konnte“.

Ein weiterer Grund für seine Offenheit gegenüber seiner Vergangenheit ist auch, dass er Vorbild für andere sein kann. So ist Oliver Filusch im Fremdpraktikum in einer Jugendhilfe-Wohngruppe auf Erstaunen und großes Interesse gestoßen. Die Bewohner haben mit einem „He, Du warst auch mal einer von uns. Das ist ja krass!“ reagiert. Vielleicht war dies ein Anstoß für die Jugendhilfe-Klienten, ihre Zukunft mit ebenso viel Zuversicht und Motivation wie Oliver Filusch anzugehen.

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