Es ist nicht das erste Mal, dass Malerin und Kunsttherapeutin Waltraud Kaiser von der Stadtjugendmusik- und Kunstschule Winnenden ein soziales Malprojekt mit einem außergewöhnlichen Personenkreis durchführt. Doch was sie in der „Blauen Arche“ der Paulinenpflege Winnenden mit schwerstbehinderten Menschen erlebt hat, war für sie besonders beeindruckend.
Begonnen hat alles mit einem Zeitungsbericht über das 10jährige Jubiläum der Wohn- und Förderstätte „Blaue Arche“ bei Winnenden-Hertmannsweiler, der Waltraud Kaiser neugierig machte: „Nach meinem Einkauf auf dem benachbarten Paulinenhof klingelte ich einfach mal am Tor. Abteilungsleiter Ralf Tumat öffnete und zeigte mir die Welt der Blauen Arche von innen“. Die Kunsttherapeutin war von den gehörlosen schwerstbehinderten Menschen sofort angetan und überlegte zusammen mit Tumat, ob nicht das Projekt „Kunst, Kultur und soziales Engagement“ zusammen mit der Kunstschule Winnenden möglich ist. „Auch wenn wir uns vor allem mit Kunst, Kreativität und ihrer Vermittlung auseinandersetzen, sind wir uns unserer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst. So haben wir schon mehrere soziokulturelle Aktivitäten durchgeführt, u.a. auch mit Demenzkranken“, erklärt Waltraud Kaiser das Konzept der Kunstschule Winnenden.
Sollten vor dem Projekt noch leichte Zweifel bestanden haben, ob Kunst das Richtige für die Bewohnerinnen und Bewohner der „Blauen Arche“ sei, so waren diese schon beim ersten Vormittag wie weggeblasen. „Als hätten sie noch nie was anderes gemacht, kamen die sechs Teilnehmer begeistert zur Tür herein und setzten sich an die Tische mit Blättern, Pinsel und Farbe“, erzählt Waltraud Kaiser begeistert. Zunächst gab es für die Bewohner viel Unbekanntes zu entdecken, aber durch das gemeinsame Arbeiten mit Farbe und das Entstehen von Bildern fühlten sich alle untereinander verbunden und sehr schnell viel sicherer. Auch für Waltraud Kaiser und Tanzpädagogin Sandra Fischer-Grogan, die das Projekt ebenfalls begleitete, gab es keinerlei Berührungsängste, obwohl es für beide etwas Neues war, sich auf Menschen mit Mehrfachbehinderungen einzustellen und Aufgaben zu finden, die die Bewohner fördern.
Unterstützt wurden die beiden Pädagoginnen von der Paulinenpflege-Mitarbeiterin Eva Goossens, die die Teilnehmer schon viele Jahre kennt, weil sie diese auf der Wohngruppe betreut. Auch sie entdeckte ganz neue Facetten „ihrer“ Blaue-Arche-Bewohner: „Die Bewohner hatten bei jedem der sechs Termine viel Freude, auch eher in sich gekehrte kamen voll aus sich heraus. Schnell war jedes Blatt vor den Bewohnern bunt und erstrahlte in zusammengelaufenen Farben als Kontrast zur grauen Jahreszeit auf unserem Tisch.“ Besonderen Wert legten Waltraud Kaiser und Sandra Fischer-Grogan darauf, dass wirklich jeder Bewohner zum Schluss der Stunde etwas Schönes auf dem Blatt hatte und somit etwas Aufbauendes erlebte. Und das hat laut Betreuerin Eva Goossens sehr gut funktioniert: „Die intensiven Farbtöne leuchteten wie Kerzenlicht, noch mehr strahlte der Stolz und die Begeisterung über die gelungenen Werke auf den Gesichtern der Bewohner“. Die Wirkung der Farben und des kreativen Schaffens war also enorm. Zum Abschluss jeder Kunststunde in der „Blauen Arche“ wurden die Bilder aufgestellt und gemeinsam bewundert. Auch die Bewegung kam nicht zu kurz – feste Bestandteile waren nach dem vielen Sitzen und Malen auch immer Tanz und Spiele mit Schwungtuch und Luftballons.
Leider wurden nur sechs Termine des Kunstprojekts bezuschusst. Da aber die Kunstpädagoginnen von ihren Künstlern aus der „Blauen Arche“ sehr angetan waren, wird derzeit überlegt, wie das Projekt z.B. mit Spenden fortgesetzt werden kann. Außerdem soll es im Juni beim Jahresfest der Paulinenpflege Winnenden eine Ausstellung mit Werken des Projekts geben.