Schon kurz vor 10 Uhr strömen die Menschen zum Bauernhof der Paulinenpflege Winnenden, der normalerweise Heimat für rund 30 Menschen mit Behinderung bietet. An diesem Sonntag ist alles anders: Ein großes Zelt ist in der Hofmitte aufgebaut, die Zelt-Bühne liebevoll mit Erntegaben geschmückt. Auf den Tischen steht von den Angehörigen liebevoll hergestellte Bastelarbeiten, die noch einmal auf das letztjährige Hofjubiläum hinweisen. Immerhin wurde der Paulinenhof 2017 genau 50 Jahre alt.
Hier wird zu Beginn des Festes ein Erntedankgottesdienst gefeiert. Gemeinsam mit den Paulinenhöflern und Bewohnern der benachbarten Blauen Arche steckt Pfarrer Hans Peter Weiß-Trautwein aus Hertmannsweiler das fast bis auf den letzten Platz gefüllte Zelt mit der Freude über vielen Erntegaben, die nicht selbstverständlich sind, an. Der Startschuss des Festes ist dann nicht wie auf dem Wasen ein „Ozapft is“, sondern der Segen zum Gottesdienstende.
Jetzt gibt es bei einem Bilderbuchwetter in einer Bilderbuchkulisse kein Halten mehr, schon kurz nach 12 Uhr werden die Parkplätze auf der großen Wiese über dem Paulinenhof knapp. Dank der Parkplatzeinweiser, Flüchtlinge und Mitarbeiter aus der Trainingswerkstatt der Paulinenpflege, läuft trotzdem alles geordnet. Währenddessen verkauft sich der Ochs am Spieß auf Hochtouren, genauso sind Rote, Steaks, Maultauschen, Salatteller und die vegetarische Hofpfanne echte Renner.
Auch wenn sich teilweise lange Schlangen bilden, haben die Festbesucher gute Laune – die Kids sind ja während des Wartens gut versorgt, z.B. an der Spielstraße inklusive Strohhüpfburg, beim Staunen über die kleinen Schweinchen oder beim Streicheln der Alpakas Slowfox und Cicero. Ständig ausgebucht ist das Paulinen-Zügle, das die Familien durch die Wiesen des Paulinenhofs fährt.
Und immer wieder tut sich eine neue Attraktion auf: In einer der Hallen steht der „Traktorwilli“, das Modell-Spieleland zum Selberfahren, und lässt nicht nur Kinderherzen hören schlagen. In einer Mini-Landschaft können Miniatur-Traktoren von den Kids gelenkt werden. Am Nachmittag ist zusätzlich die Winnender Feuerwehr da und lässt die Besucherinnen und Besucher mit ihrer Drehleiter hoch über den landwirtschaftlichen Bioland-Betrieb schweben.
Bei Hofführungen am Boden erfahren die Festbesucher, was das Besondere am Paulinenhof ist: Eigentlich eine Werkstatt für behinderte Menschen, doch statt Fabrikhallen und Maschinen gibt es hier Felder, Wald, Wiesen, Ställe und vor allem Tiere. Diese müssen auch am Wochenende und an Feiertagen versorgt werden. Da es aber drei Arbeitsgruppen gibt, können die Arbeitseinsätze z.B. an Weihnachten gerecht verteilt werden. Auch die Gärtnerei des Berufsbildungswerks ist auf dem Gelände.
Egal an welchem Stand, bei welchem Angebot – die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom Paulinenhof und der gesamten Paulinenpflege sind im Dauereinsatz und mit viel Herzblut dabei. In diesem Jahr waren noch mehr Festbesucher auf dem Paulinenhof als in den vergangenen Jahren. Da tut es gut, immer wieder ein Lob zu hören. Ein Exil-Bayer, der aus der Nähe von München stammt, meinte: „Bei Euch ist’s viel schöner als beim Oktoberfest. Und wenn’s noch Bier vom Fass geben würde, wär’s hier das Paradies“.