Die Vorlage zum Fenster hat ein verstorbener Bewohner der Paulinenpflege gemalt: Ekkehard von Hornstein.
Er war ein Mensch mit Autismus, geistiger Behinderung und gehörlos. Ekkehard war 43 Jahre in der Paulinenpflege zu Hause. Und schon immer hat er wunderschöne Bilder gemalt. Im letzten halben Jahr seines Lebens war er schwerstkrank bettlägerig – und auch dort hat er noch ca. 20 Bilder gemalt: Immer ungefähr dieselben Motive - aber ganz andere, als sonst. Eines davon erstrahlt als großes Glasfenster hier in unserem Gottesdienstraum.
Sozialpädagoge und Pfarrer Ulrich Bühner hat Ekkehard von Hornstein bis zu seinem Tod begleitet und das Glasfenster mit dem Hornstein-Motiv als Andenken in Auftrag gegeben. Und das ist seine Interpretation des Motivs:
Der Osterhase: Übergroß, er bestimmt das ganze Bild. Auf den anderen findet man an dieser Stelle eine Kirche. Hier ist sie nur angedeutet (rechts neben ihm erkennt man die Ecke), dafür steht in der linken Bildhälfte noch eine. Die Gebärde „Hase“ ist bei den Gehörlosen auch die Gebärde für Ostern. Auferstehung! Das war für den sterbenden Eckehardt der bestimmende Farb-Ton! An Ostern wurde uns durch die Auferstehung von Jesus der Weg zum Himmel frei gemacht.
Links davon der Kalender. Die Tage hören irgendwann auf, gehen über ins Unendliche, in die Ewigkeit. Dort ist zwar Leben, aber kein Gestern und Morgen. Keine Zeitgrenze, keine Vergänglichkeit mehr. Dies übersteigt unseren begrenzten Vorstellungshorizont von Materie und Zeit, doch so ist es uns im Neuen Testament versprochen.
Zwischen Kalender und Hase ein Wasserbrunnen (auf einem anderen, zeitgleich entstandenen Gemälde befindet sich an dieser Stelle ein überschäumendes Weizenglas. Ekki war ein leidenschaftlicher Weizenbier-Genießer). Er hat es so erklärt: „Ein Brunnen, der immer und immer und immer sprudelt und fließt“ gebärdete er. Ohne Ende. Ein Labsal… Das Gefühl, an der Quelle zu sein. Das stillt den Durst. Nicht nur den leiblichen des Sterbenden, sondern dies ist ein Bild, das uns mehr sagt. Es erinnert an das Wort Jesu: „Wer von diesem Wasser trinken wird, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit nicht dürsten. Sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, das wird ihm eine Quelle des Wassers werden, das in das ewige Leben quillt.“ (Johannesevangelium Kap. 4)
Das riesige Fernrohr: Ich weiß nicht, wie es dem einzelnen Betrachter geht. Doch manchmal hat man den Eindruck, als ob Sterbde schon ein wenig „hinübersehen“. Dorthin, wo es keine Tränen, keinen Krebs, keine Schmerzen, kein Leid und den Tod nicht mehr geben wird (Offenbarung Kap. 21). Ob es eine Sehnsucht ausdrückt … oder eine Spannung? … Eine Gewissheit?
Seit je her hat unser Maler, wenn er Kirchen als Motiv wählte, diese stets im Wasser platziert. Warum? Etwa, weil Wasser DIE Grundlage allen Lebens ist? Oder weil es DAS Symbol der Reinheit und Reinigung darstellt? In der ursprünglichen Form der Taufe steht das Eintauchen ins Wasser für die Teilhabe am Sünden tilgenden Tod Jesu – und das Auftauchen steht für die Teilhabe an seiner Auferstehung! Davon sollen Kirche und Christen Zeugnis geben.
Immer hat Ekkehardt in seinen Gemälden am linken ildrand seine spezifische von Hornstein-Sonne platziert. Immer schickt sie dem Betrachter ihre strahlend gelben Strahlen in dieser unübersehbaren Art entgegen.
So wie Ostern am rechten Bildrand, zeigt sich mir nun links Weihnachten. An Weihnachten hat uns Gott seinen Sohn entgegengesandt. Als Licht der Welt. Er kam zu uns ins Dunkle, damit es für uns hell werde.
Weihnachten und Ostern, die Eckpfeiler unseres Glaubens. Hier manifestiert sich die Liebe unseres guten Gottes. Passender kann man das nicht darstellen!
Im kleinen Segelboot möge der jeweilige Betrachter dieses predigenden Kunstwerkes dahin segeln. Denn das Boot segelt in Richtung Horizont. Der Sonne, dem Licht entgegen. In SEINE Nähe. Ans Ziel...